Die Männer mit dem Rosa Winkel

Über die Verfolgung der Homosexuellen während des Hitler-Regimes gibt es so gut wie keine Literatur. Nur spärliche Informationen stehen über die Verhaftung, Erniedrigung und Ermordung von Homosexuellen während der Jahre des Dritten Reiches zur Verfügung. Mussten die Juden den Gelben Stern tragen, so galt in den Konzentrationslagern für Homosexuelle der Rosa Winkel als für jeden sichtbare Kennzeichnung.

Zehntausende, wahrscheinlich aber Hunderttausende von Homosexuellen wurden während des Nazi-Regimes bis 1945 in die Konzentrationslager geworfen und waren der Willkür der SS-Schergen gnadenlos ausgeliefert, erlitten Folterungen und Quälereien, bis der Tod sie erlöste. Über diese Kategorie von Häftlingen wurden keine genauen Aufzeichnungen geführt. Die Homosexuellen standen in der Hierarchie der Konzentrationslager gemeinsam mit den Juden auf der untersten Stufe. War jedoch für die überlebenden KZ-Häftlinge mit Ende des Krieges das Schlimmste überstanden, so setzte sich für die Männer mit dem Rosa Winkel die strafrechtliche Verfolgung und die gesellschaftliche Ächtung fort. Der Verfasser Heinz Heger hat die in diesem Buch geschilderte Behandlung nicht selbst erleiden müssen. Er berichtet schonungslos von den beschämenden Ereignissen in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Flossenbürg, die ihm von einem der ganz wenigen überlebenden Männer mit dem rosa Winkel erzählt und aufgezeigt wurden.

United States Holocaust Memorial Museum Collection, Gift of Wilhelm A. Kroepfl

Heinz Heger war das Pseudonym des österreichischen Schriftstellers Hans Neumann. Mit diesem Buch schrieb er die Erfahrungen des homosexuellen KZ-Überlebenden Josef Kohout aus Wien nieder und veröffentlichte damit 1972 den ersten umfassenden Bericht über die Gefangenschaft in einem Konzentrationslager aus der Sicht eines schwulen Mannes. Das Buch wurde bedeutend für die Schwulenbewegung. Entschädigung für seine KZ-Haft bekam Josef K. nach dem Krieg von der Republik Österreich jedoch keine. Vergebens versuchte er, eine Anerkennung der Haftzeit als Beitragsersatzzeit für seine Pension zu bewirken. Besonders empörend empfand er den Umstand, dass SS-Wärter ihre „Dienstzeit“ im KZ sehr wohl als Versicherungsbeitragszeit auf die Pension angerechnet bekamen, sofern ihnen keine Verbrechen nachgewiesen werden konnten.

Dieses Buch ist zu einem Klassiker geworden und sei im Zuge des LGBT History Month allen in der Community ans Herz gelegt um aufzuzeigen, was es mit dem Rosa Winkel wirklich auf sich hatte und wie Menschen noch vor 80 Jahren wegen ihrer sexuellen Orientierung, wegen ihrer Liebe zum gleichen Geschlecht, bestialisch gefoltert und zu Tode geprügelt wurden. Die wenigen Opfer aber, die übrig blieben, haben teils aus Scham, teils aus Angst ihre KZ-Haft verschwiegen. Denn es ist noch nicht allzu lange her, dass in den meisten Ländern Homosexualität nicht mehr als Verbrechen gilt. Umso wertvoller sind die Schilderungen in „Die Männer mit dem Rosa Winkel“. Sicherlich keine einfache Lektüre aufgrund der realistisch erzählten Erlebnisse, die sich vor dem inneren Auge des Lesers abspielen. Das Buch ist dennoch oder gerade deswegen Pflichtlektüre für unsere Community, um den Hass und die bestialischen Methoden des Nazi-Regimes gegenüber Unsereins in unser Bewusstsein zu rufen, damit sich dergleichen Verbrechen nie mehr wiederholen.

Die Männer mit dem Rosa Winkel | Hans Heger | ISBN 978-3-87536-124-7 | Merlin Verlag