Langsam erwacht das Fetisch-Vereinsleben und wird wieder tätig nach der langen Zwangspause, die uns die Pandemie auferlegt hat. Die Veranstaltungskalender füllen sich und endlich können wir wieder planen und reisen, um Freunde und Bekannte wiederzusehen und unser langersehntes Fetisch-Comeback zu genießen. Die meisten der europäischen Fetisch-Veranstaltungen werden vorrangig von nicht-kommerziellen Vereinen organisiert, denen es statt um Profit um das Wohl ihrer Mitglieder geht.
Eine Gemeinschaft erfordert Nähe, direkten Kontakt und die Interaktion zwischen Menschen und deren immateriellen Werten. Leider lässt das freiwillige Engagement nach und finanzielle Schwierigkeiten, bedingt durch die monatelangen Schließungen der Clublokale und ausbleibende Einnahmen aus Veranstaltungen, hindern den bestehenden Tatendrang. Vereinsarbeit bedarf einer gewissen Leidenschaft für die Sache. Ich lernte im Laufe der Zeit viele Vereine sowie deren Mitglieder kennen, die sich hingebungsvoll engagieren und beeindruckende Events oder Unternehmungen auf die Beine stellen. Vereine setzen auf Ehrenamt und um wie viel ärmer wäre unsere Community ohne die eifrigen Menschen, die sich ohne Entlohnung einsetzen. Ehrenamtliche Mitglieder suchen nach Gleichgesinnten, sie fördern durch ihre Mitarbeit ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und erkennen dabei, dass sie die Community zu einem gewissen Maß nach eigenen Vorstellungen gestalten können. Zweifellos ist die unentgeltliche Tätigkeit zeitintensiv, wird jedoch im Gegenzug mit der Wertschätzung anderer und einer gewissen Selbstverwirklichung belohnt. Ein Geben und Nehmen zu beiderseitigem Nutzen. So manche Nutznießer sind heutzutage allerdings bequem geworden und nehmen egozentrische Züge an, wollen wenig geben und dafür umso mehr nehmen. Sie sehen den Verein als Dienstleister und verlieren sich schlimmstenfalls in Anonymität und Isolation. Die neue Art der Gemeinschaft definiert sich teils jetzt schon stark in der digitalen Welt und stellt die Sinnhaftigkeit von Vereinen zum Teil in Frage bzw. konfrontiert diese mit neuen Herausforderungen.
Häufig regt sich Kritik, dass eingesessene Vorstandsmitglieder und deren Ideen in die Jahre gekommen sind, sich das Angebot und die Tätigkeit der Vereine nicht nach den Interessen von jungen, aufgeschlossenen Leuten richten. Zudem wird ein Fehlen an jungen Vorstandsmitgliedern bemängelt. Kritik ist schnell geübt, und wie in so vielen Fällen möge auch hier an die Kritiker appelliert werden: selbst besser machen, dann erst kritisieren! Nicht selten kommt es zur Gründung von neuen Vereinen, sei es aus Protest oder aus Uneinigkeit unter den Vereinsmitgliedern. Damit ist allerdings niemandem ernsthaft geholfen, wenn in einer Stadt oder einer Region plötzlich mehrere Klubs mit identischem Zweck sich gegenseitig Konkurrenz machen und um Mitglieder buhlen. Stattdessen ist es wesentlich sinnvoller, sich zusammenzutun, Pionierarbeit sowie Erfahrung der etablierten Mitglieder zu nutzen und gleichzeitig Visionen und den frischen Wind der Neuzugänge optimal zu kombinieren. Bei der Vereinsarbeit sollte der Selbstzweck hinter das Gemeinwohl treten, damit sich Vereine nicht abschotten und allzu elitär werden.
Eine wichtige Rolle spielt dabei aus meiner eigenen Erfahrung der Titelträger. Jedes Jahr wird ein neues Gesicht gewählt, das seinen Verein nach außen repräsentiert und nicht unwesentlich Einfluss darauf hat, das Vereinsleben mitzugestalten. Diese jährlich wechselnde Rolle bringt nicht nur kurzfristig frischen Wind. Die meisten ehemaligen Titelträger bleiben ihrem Verein treu und engagieren sich über ihr Titeljahr hinaus tatkräftig. Sie haben die Möglichkeit, ihre Klubs maßgeblich mit den Social Media vernetzen, die für viele die neue Art der Kontaktpflege ist und das Vereinsleben teilweise obsolet macht, und somit den sozialen Wandel wiederum mittragen.
Von Alleingängern geführte Vereine verlieren über kurz oder lang an Substanz, denn niemand ist in der Lage, über einen langen Zeitraum hinweg eine vielfältige Arbeit wie die des Führens eines Vereins allein zu bewältigen. Ein Leitungsgremium sollte aus verschiedenen Personen bestehen, um die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, Einzelnen es zu ermöglichen, ihre Stärken und Kompetenzen einzubringen, und dadurch das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Darüber hinaus ist eine Vernetzung unter den Vereinen ratsam zur gegenseitigen Inspiration und Unterstützung. Ich denke da an die Kooperation mit einem sich regelmäßig wechselnden Partnerklub zum gemeinsamen Austausch von Erfahrungen und Vorhaben sowie dem Besuch der jeweiligen Events im Jahresverlauf. Dies stärkt nicht nur das Gemeinschaftsgefühl, sondern erweitert zudem das Vereinsangebot für die Mitglieder und bietet dabei die Möglichkeit, neue Leute und Veranstaltungen kennenzulernen. Jeder für sich ist ein Tropfen, zusammen sind wir ein Ozean.
Essenziell ist neben der Kooperation das Mithalten mit den ständigen Veränderungen innerhalb unserer Gemeinschaft, vor allem was den Nachwuchs betrifft. Allzu oft noch werden die Bedürfnisse der nachrückenden Generation übersehen, verkannt oder falsch interpretiert. Daher ist die kontinuierliche Nachwuchsförderung sowohl bei den Mitgliedern als auch in der Vorstandschaft zu empfehlen, denn häufig bieten Vereine nachkommenden Mitgliedern wenig Vorteile. Die Herausforderung für die Klubs liegt in der Bereitschaft und dem Mut für Veränderungen. Unsere Fetisch-Community ist Nische genug und darf nicht noch weiter geteilt und heruntergebrochen werden.
Denk mal darüber nach, ob Du Dich aktiv in Deinem lokalen Verein einbringen und Deine Stärken zum Wohl der Community einsetzen könntest. Das Ehrenamt verdient Anerkennung und Wertschätzung. Es ist weder Nische für Geltungsdrang noch Zeitvertreib, sondern die Stütze der Community und eine passende Möglichkeit, unser direktes Umfeld mitzugestalten und zu verbessern. Ansonsten unterliegen wir immer mehr dem Diktat der kommerziellen Organisationen, die die großen Mainstream-Veranstaltungen organisieren, auf die wir ohne aktive Vereine und deren Individualität angewiesen wären.