In den USA sind Bootblacks (deutsch: Stiefelputzer) aus der Leder- und Fetisch-Community nicht mehr wegzudenken. Sie sind ein fixer Bestandteil der vielfältigen Szene und es werden sogar eigens Mister-Wahlen fĂĽr Bootblacks ausgetragen. Hierzulande sind Stiefelputzer nicht präsent und wenn ĂĽberhaupt, dann nicht auf öffentlichen Events unterwegs, um ihre Dienste anÂzubieten.
Während Schuhputzer bei uns in Mitteleuropa bis in die 1920er und 1930er Jahre das StraĂźenbild prägten, sind diese nach und nach aus der Ă–ffentlichkeit verschwunden. Lediglich vereinzelt sind sie noch an Flughäfen anzutreffen oder in Hotels gar gänzlich durch SchuhputzÂautomaten ersetzt. In anderen Ländern, z.B. Bolivien, Mexiko und den USA, erfĂĽllen Schuhputzer neben der Reinigung und Politur von Schuhen zudem die soziale Funktion der Kommunikation mit ihren Kunden. AuĂźerdem scheint der Beruf ein lukrativer zu sein. Warum dieser TraditionsÂberuf in den Nachkriegsjahren bei uns nicht in den Alltag zurĂĽckkehrte, hat unterÂschiedliche GrĂĽnde. Zum einen der Vormarsch von Sport- und Stoffschuhen, die keiner intensiven LederÂpfleÂge bedĂĽrfen, zum anderen moralische Bedenken gegenĂĽber demjenigen, der sich auf offener StraĂźe kniend um die schmutzigen Schuhe fremder Leute kĂĽmmert. Diese Demutsgeste, verÂstärkt durch die gebeugte Haltung, ist in unserem Kulturkreis offensichtlich ein Tabu.
Gerade darin liegt der Reiz des Schuh- bzw. Stiefelputzers im sexuellen Kontext: Ein Ritual zwischen dominanten und devoten Partnern, das im englischen Sprachgebrauch als Boots Worshipping bekannt ist. Stiefel in Form von beispielsweise Reitstiefeln oder Biker Boots können fĂĽr Fetischisten durch Betrachten oder BerĂĽhren sexuell erregen und zur Befriedigung dienen. Kniehohe Lederstiefel strahlen Männlichkeit und Autorität aus. Der Devote kniet und poliert die Stiefel des Dominanten, der ĂĽber ihm sitzt. Entweder ein professioneller Service, eine Geste der Unterwerfung, ein Teil von Militär- und Uniformfetisch oder der Beginn einer Session, das StiefelÂputzen oder Stiefellecken ist auch bei uns in Europa durchaus präsent. Aber eben hinter verÂschlossenen TĂĽren und nicht öffentlich.
Alle Bootblacks, mit denen ich mich bisher unterhalten habe, sehen ihre Tätigkeit als Service fĂĽr den Einzelnen und die gesamte Community. Sie polieren nicht nur Stiefel und sorgen fĂĽr hochÂglänzendes Leder, sondern kĂĽmmern sich um die Pflege sowie die Reparatur des Schuhwerks. DarĂĽber hinaus geht es um den erotischen Aspekt eines Stiefelputzers, vor einem Ledermann zu knien, ihm zu dienen und zu wissen, ihm mit seinem flinken Handwerk nĂĽtzlich zu sein. Die AbÂgrenzung zwischen Bootblack und sub liegt in der professionellen Kenntnis und Ausstattung, inklusive spezieller Wachse und hochwertiger BĂĽrsten. Das Grundwissen des Bootblacking wird von Stiefelputzer zu Stiefelputzer weitergegeben, und jeder eignet sich zusätzlich spezielle Techniken an, die ihn wiederum von den anderen unterscheidet. Allein diese Tatsache rechtfertigt geÂsonderte Wahlen in den USA mit der Ernennung von international Miss und Mister Bootblack, die jeweils im Zuge der International Miss und Mister Leather Wettbewerbe gekĂĽrt werden.
Beim Stiefelputzen gibt es eigene Dos und Don’ts: In der Regel bilden sich Warteschlangen bei einem Bootblack, da professionelles Stiefelputzen geschätzt und zugleich recht zeitaufwendig ist. Hier gilt, dass nicht gedrängelt wird sondern dass man sich anstellt und wartet, bis man an der Reihe ist, um den Dienst in Anspruch zu nehmen. Während jemand im Sessel sitzt und sich die Stiefel putzen lässt, sollte man sich möglichst nicht mit demjenigen unterhalten, sondern ihn seinem Genuss und LustgefĂĽhl ĂĽberlassen. Man setzt sich selber erst in den Sessel, wenn man dafĂĽr aufgefordert wird. Vielfach gibt es spezielle StĂĽhle, die an herrschaftliche Throne erinnern, die dem Kunden ein GefĂĽhl von Erhabenheit vermitteln. Kommunikation mit dem Bootblack ist wichtig, vor allem wenn es um spezielle WĂĽnsche bezĂĽglich der Schuhpflege geht. Respekt geÂgenĂĽber dem Bootblack, seiner Energie und seiner Zeit ist essentiell. Beim Trinkgeld fĂĽr das StiefelÂputzen gibt es keine Preisliste. BootÂblacks wollen sich mit den Einnahmen ihrer Tätigkeit nicht bereichern, sondern finanzieren damit ihre Reisekosten und ihren Aufwand. Als Faustregel gilt 10 Euro fĂĽr normale Stiefel, SpringerÂstiefel oder Cowboystiefel, 15 bis 20 Euro fĂĽr kniehohe Stiefel, 20 bis 25 Euro fĂĽr Hosen, Hemden und Jacken. Denn auch darum kĂĽmmern sich die Bootblacks bei Bedarf.
In Europa gibt es bereits eine Handvoll Stiefelputzer, die bei öffentlichen FetischverÂanÂstaltungen ihre Dienste fĂĽr die Community anbieten und gern gesehen sind. WĂĽnschenswert ist, dass das Handwerk des Bootblacking noch mehr wiederbelebt wird. Denn es gibt genĂĽgend staubige, schmutzige und matte Stiefel in unserer Community – und sicher genauÂso viele Stiefelfetischisten, die es sexuell erregend finden, anderen Männern die Boots zu polieÂren.