Tom of Finland „Made in Germany”

Zahlreiche Ehrungen und Ausstellungen anlässlich des 100. Geburtstages von Touko Laaksonen, besser bekannt als Tom of Finland, markieren das Jahr 2020. Unter anderem enthüllte der MSC (kurz für Motor-Sport-Club) Finland Tom’s Club im August eine Gedenktafel vor seinem ehemaligen Haus in Helsinki. Die Galerie Judin in Berlin-Schöneberg eröffnete am 11. September ihre Ausstellung unter dem Titel „Made in Germany“ mit mehr als 60 internationalen Leihgaben.

Der Ausstellungstitel lässt vorerst darauf schließen, dass der Künstler sich zu Motorradfahrern in deutschen Militäruniformen hingezogen fühlte und während der 1940er Jahre solche Männer in ihren braunen Stiefeln und Jacken darstellte. Zahlreiche seiner Werke zeichnen sich durch die hypermaskulinen Männer aus, die er in engen deutschen Militäruniformen aus Leder darstellte. Beim Betreten der Ausstellung hüllen warm-gelbe Räumlichkeiten den Besucher ein, sachlich und klar werden Fotos, Informationen und Zeichnungen des Künstlers präsentiert. In der Mitte der Galerie befindet sich eine hohe Wand mit einer Zeichnung von Tom of Finland: Unterkörper und Beine in typisch-provokantem Stil des Künstlers. Eine kurze enge Lederhose verhüllt und markiert gleichzeitig die überdimensionale Männlichkeit des gezeigten Mannes. Vom Gürtel baumeln Handschellen, in den Stiefel steckt ein Rohrstock. Ein Wegweiser am rechten Rand zeigt, dass es noch 69 km bis Hamburg sind. Offenbar ein Tramper, der in die Hansestadt unterwegs ist. Nicht zufällig wartet die Ausstellung mit diesem zentralen Bild auf.

In der norddeutschen Stadt fanden in den 1970er Jahren Tom of Finlands erste Ausstellungen statt. Aber nicht etwa in Galerien oder Museen, sondern beispielsweise im Revolt Shop, Europas erstem schwulen Sex-Shop im Rotlichtviertel von St. Pauli. 1974 zeichnete der Künstler in Toms Saloon, der ältesten schwulen Cruising-Bar Hamburgs, zur Eröffnung die ersten Bilder direkt an die Wand. In den darauffolgenden Jahren kaufte der ehemalige Besitzer der Bar alle Bilder, die Tom für den Saloon gezeichnet hatte, auf. So entstand die heute größte Privatsammlung seiner Werke, bestehend aus insgesamt 48 Originalen. Zudem erhielt der Künstler regelmäßige Aufträge für Werbematerial von schwulen Events in Hamburg. Jobs wie diese ermöglichten dem Finnen, freier Künstler zu werden und sich voll und ganz seiner Begabung und seiner Kunst zu widmen. Bewundernswert an den von Tom of Finlands dargestellten Männern ist, dass sie mit ihrer Sexualität, ihren Bedürfnissen und ihren Körpern im Einklang sind. Im Laufe seines Lebens schuf Tom über 3 500 Werke. Während viele davon im Besitz der Tom of Finland Foundation sind, befinden sich andere entweder in Privatsammlungen oder in den ständigen Sammlungen des Museums für zeitgenössische Kunst Kiasma in Helsinki, im Museum of Modern Art in New York und dem Museum für zeitgenössische Kunst in Los Angeles.

In vielen Beschreibungen und Kurzbiographien über den Künstler findet sich wenig bis gar nichts über diese Hamburger Jahre. Umso erfreulicher, dass ihnen die Galerie Judin im Jubiläumsjahr eine Ausstellung widmet. „Made in Germany“ mit vielen, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Werke, ist noch bis 19. Dezember in der Potsdamer Straße 83 in Berlin zu sehen. Der Besuch sei all jenen von uns ans Herz gelegt, die die fotorealistischen Darstellungen von Tom of Finland bewundern und sich von ihren Inhalten angezogen fühlen. Wer von uns erinnert sich nicht noch genau an den Zeitpunkt, zum ersten Mal mit strahlenden Augen seine Werke entdeckt zu haben. Der Flair einer Originalzeichnung ist im Vergleich zu einem Buchabdruck oder einer Bilddatei um ein vielfaches beeindruckender.

 

1 thought on “Tom of Finland „Made in Germany”

  1. Echt eine klasse Ausstellung und interessant ueber die Verbindung von Tom of Finland zu Hamburg & Deutschland – und Werke im Original zu sehen. Jedem TOF fan zu empfehlen

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